Ist es sinnvoll, ein Patent anzumelden?

Deutschland ist das Land der Erfinder. Jährlich werden hier etwa 70 Tausend Patente und Gebrauchsmuster beim Patentamt zur Anmeldung gebracht. Nicht jede Erfindung macht allerdings Profit und bei weitem nicht jede Patentanmeldung wird jemals erteilt, sondern nur ein geringer Anteil der eingereichten Erfindungen führt zum wirtschaftlichen und patentrechtlichen Erfolg. Das Risiko, dass für eine Patentanmeldung Investitionen getätigt werden, die sich später niemals auszahlen, ist deshalb relativ hoch und ein ganz erheblicher Entscheidungsfaktor für die vorliegende Fragestellung.

HINZU KOMMT: Um eine Erfindung erfolgreich am Markt platzieren zu können, ist eine Patentanmeldung nicht zwingend erforderlich.

Schon gar nicht stellt das erteilte Patent – wie dies aber weitläufig vermutet wird – eine Berechtigung dar, die eigene Erfindung wirtschaftlich verwerten zu dürfen. So können einer Vermarktung trotz positiver Prüfung der Patentanmeldung dennoch andere Schutzrechte entgegenstehen, bspw. weil diese zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht veröffentlicht waren und/oder durch die Prüfungsstelle nicht ermittelt wurden. Schlimmstenfalls sind für das angemeldete Produkt lizenzrechtliche Berechtigungen erforderlich, wenn dieses keine absolut neue Innovation, sondern die Weiterentwicklung eines bestehenden Produktes darstellt, welches seinerseits patentrechtlich gesichert ist.

Das Patent ist ein Schutzrecht, das den Inhaber lediglich berechtigt, anderen die Nutzung der Erfindung für einen maximalen Zeitraum von 20 Jahren zu untersagen. Somit stellt sich die zentrale Frage, ob vor dem Hintergrund des eventuell zu erwartenden finanziellen Erfolges einer getätigten Erfindung die Anmeldung eines Patents lohnt.

Dieser Frage ist grundsätzlich aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln zu begegnen, nämlich einerseits aus dem Blickwinkel eines Erfinders und andererseits aus dem Blickwinkel eines Unternehmens. Beide Blickwinkel sollen im Nachstehenden unabhängig voneinander beleuchtet werden.

 

A. Aus dem Blickwinkel eines Erfinders

I. Die Patentanmeldung als Grundlage eines Kauf- oder Lizenzvertrages

Im Grunde ist die Beantwortung der Frage, ob eine Patentanmeldung durchgeführt werden sollte, aus dem Blickwinkel eines Einzelerfinders dann grundsätzlich mit JA zu beantworten, wenn dabei die Übertragung eines Schutzrechtes in Form eines Verkaufs oder einer Lizenzierung des angemeldeten Schutzrechtes durch den Erfinder auf einen Lizenznehmer vorgesehen ist. Im Rahmen einer solchen Lizenz partizipiert der Erfinder durch die Rechtevergabe seiner Erfindung an den Umsätzen, die der Lizenznehmer an dem vermarkteten Produkt erwirtschaftet. Eine solche Lizenz setzt ebenso wie der Verkauf des Schutzrechtes zwangsläufig die Existenz eines technischen Schutzrechtes voraus, was dieses mithin nahezu unumgänglich macht.

II. Wirtschaftliche Aspekte

Natürlich müssen bei der Frage des Patentschutzes bei einem Einzelerfinder dennoch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden, da eine Patentanmeldung in der Regel auch im Anmeldeprozess insbesondere bei einer professionellen anwaltlichen Unterstützung hohe Kosten verursachen kann. Das Risiko des Einzelerfinders, keinen Lizenznehmer zu finden, der die Erfindung vertreibt, ist erfahrungsgemäß relativ groß. Sofern daher noch kein konkretes Interesse bekundet wurde oder entsprechende Kontakte bestehen, die eine Lizenzierung wahrscheinlicher machen, lassen sich die Vermarktungsaussichten zunächst nur sehr schwer einschätzen. Das Risiko einer Fehlinvestition ist demnach im Allgemeinen als eher hoch einzustufen.

Selbstverständlich steht das einzuschätzende Risiko auch im direkten Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit einer Erfindung und dem potentiellen Nutzen am Markt. Andererseits ist bei der wirtschaftlichen Abwägung das Risiko einzubeziehen, welches darin besteht, eine Erfindung getätigt zu haben, welche ohne Rechtevergabe einige Monate oder Jahre später am Markt ersch2eint. Für die meisten Erfinder ist diese Situation erfahrungsgemäß meist deutlich unbefriedigender als den Versuch unternommen zu haben, die eigene Erfindung zur Anmeldung und späteren Vermarktung zu bringen, auch wenn sich hierdurch im Nachhinein finanzielle Verluste ergeben haben. Schließlich ist es aber für viele Erfinder immer noch ein Traum, mit der eigenen Erfindung die finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.

Grundsätzlich müssen sich Einzelerfinder mit der Frage um die Durchsetzbarkeit des Patents und den diesbezüglichen Verfahrenskosten nicht auseinandersetzen, da entsprechende Verfahren stets durch oder zumindest mit Mitteln und im Interesse des Lizenznehmers geführt werden. In gängigen Lizenzverträgen ist überdies geregelt, dass neben den laufenden Lizenzgebühren die bisherigen Investitionen des Erfinders durch eine einmalige Zahlung abdeckt werden, so dass im Erfolgsfall zumindest diese Kosten bereits ohne den eigentlichen Vertrieb des Produktes abgedeckt sind.

III. Der Schutz bei der Vorstellung einer Erfindung bei potentiellen Lizenznehmern

Neben rein wirtschaftlichen Erwägungen zum Lizenzvertrag ist ein technisches Schutzrecht aber auch die einzige Möglichkeit des Erfinders, seine Erfindung bei der Vorstellung bei potenziellen Lizenznehmern erfolgreich zu schützen. Die Sicherung der Erfindung durch eine sog. Hinterlegung (teilweise als sog. Prioschutz bezeichnet) ist kein wirksamer Schutz für eine Erfindung, da diese lediglich die Urheberschaft dokumentiert, nicht aber die Erfindung selbst unter Schutz stellt. Auch helfen Geheimhaltungsvereinbarungen nur eingeschränkt weiter, da diese lediglich verhindern sollen, dass vertrauliche Informationen nicht unbefugt veröffentlicht und/oder an Dritte weitergegeben werden. Sie liefern hingegen keinen Beweis dafür, dass der vorstellende Erfinder derjenige ist, dem die Erfindung „als erster“ eingefallen ist. Hierzu ein Beispiel: Behauptet ein potentieller Lizenznehmer bei einer Präsentation, die vorgestellte Erfindung bereits jahrelang „in der Schublade“ zu haben, ist es für den Erfinder äußerst schwierig, hierzu einen Gegenbeweis anzutreten.

IV. Fazit

Patente sind für eine erfolgreiche Lizenzierung oder einen Verkauf durch den Erfinder an potentielle Lizenznehmer grundsätzlich unverzichtbar. Jedoch sollte der Erfinder die Risiken und Chancen einer Patentierung und der anschließenden Lizenzierung der Erfindung anhand der eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse besonders sorgfältig abwägen.

 

B. Aus dem Blickwinkel eines Unternehmens

I. Die Patentanmeldung als Wettbewerbsvorteil

Bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit einer Patentanmeldung sind aus dem Blickwinkel eines Unternehmens zusätzlich weitere Beurteilungskriterien heranzuziehen, bei denen unter anderem auch der Entwicklungsstand und die damit einhergehenden Entwicklungskosten, das Marktpotenzial sowie der durch eine Patentanmeldung zu erreichende Wettbewerbsvorteil bei der Konkurrenz zu berücksichtigen sind. Insofern gilt es aus der Sicht des Unternehmens zunächst zu klären, ob die Vermarktungserlöse des späteren Produkts die Anmeldekosten eines Patents überhaupt rechtfertigen. Hierbei sollte es aber nicht ausreichen, dass die Kosten durch die Erlöse nur gedeckt sind, sondern diese sollten die Anmeldekosten im Idealfall deutlich übersteigen und das Schutzrecht dazu führen, dass mit dem Produkt ein Gewinn erzielt wird. Das Patent kann hierzu erfolgreich eingesetzt werden, wenn es genutzt wird, um eine Etablierung von Konkurrenzprodukten am M2arkt zu verhindern.

II. Betriebsgeheimnis oder Offenlegung

Es gilt weiterhin zu beachten, dass durch die Patentanmeldung (unabhängig vom Stand des amtlichen Prüfungsverfahrens) die Erfindung nach 18 Monaten der Öffentlichkeit offenbart wird. Es sollte deshalb darüber hinaus in Erwägung gezogen werden, ob die Erfindung durch das Unternehmen gegebenenfalls geheim behandelt werden soll, auch wenn die Wirksamkeit einer Geheimhaltung in der Regel zugegebenermaßen begrenzt ist. Insbesondere gilt dies bei Produkten, deren innovatives Herstellungsverfahren im Fordergrund steht, da das Herstellungsverfahren durch die Konkurrenz in der Regel nicht erfassbar sind. Dies betrifft im Übrigen auch Rezepte, Materialzusammensetzungen, Beschichtungen, Algorithmen oder solche Entwicklungen, die durch die Konkurrenz nur mit einem sehr erheblichen Entwicklungsaufwand kopierbar sind.

III. Die richtige Schutzrechtsstrategie

Im Vordergrund der Schutzrechtsstrategie steht vor allem auch die Frage der Auswahl des für den Produktschutz am sinnvollsten einzusetzenden Schutzrechts. Wenn bei der Entwicklung eines Produktes weniger technische, sondern vielmehr ästhetische Merkmale im Vordergrund stehen, kann es durchaus sinnvoll sein, beim Schutz auf ein Design oder mehrere Designs zu setzen. Darüber hinaus gewinnt die Anmeldung zum Gebrauchsmuster anstelle der Patentanmeldung wegen niedrigerer Kosten und kürzerer Innovationszyklen zunehmende Bedeutung. Dies betrifft im Übrigen auch den Schutz kurzlebiger Produkte, die einen langlebigen Schutz durch ein Patent von vornherein nicht benötigen.

Bei der Frage des sinnvollsten Schutzes, also auch über alternative oder zusätzliche Schutzrechte zu Patenten beraten wir Sie gerne im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung.

IV. Die Durchsetzung technischer Schutzrechte

Letztlich ist bei der Abwägung eines Patentschutzes zu beachten, dass die gerichtliche Durchsetzung eines Patents mitunter extrem hohe Kosten verursachen kann. Gemäß § 51 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) wird der Streitwert in Patentverletzungssachen nach billigem Ermessen bestimmt, wobei nach allgemeiner Ansicht das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Durchsetzung seines Schutzrechts(teils) ist.

 

Autor: Rechtsanwalt Dr. Achim Limbeck (https://www.patentcreator.de)

8. Januar 2018 Posted by in Patente & Co.

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